Konjunktur-Umfrage von METALL NRW zum Jahreswechsel 2020/2021:

Nordrhein-westfälische Metall- und Elektroindustrie in anhaltend schwieriger Wirtschaftslage

Präsident Kirchhoff: „Unternehmen haben durch Rezession und Pandemie massiv Eigenkapital verloren!“

 

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In den Unternehmen der nordrhein-westfälischen Metall- und Elektroindustrie ist die Stimmung so schlecht wie seit der Finanzkrise 2008/2009 nicht mehr. Dies ist das Ergebnis einer am Dienstag in Düsseldorf vorgelegten aktuellen Konjunkturumfrage des Verbandes der Metall- und Elektro-Industrie Nordrhein-Westfalen (METALL NRW) zum Jahreswechsel 2020/2021, an der 478 Betriebe mit mehr als 135.000 Beschäftigten des bedeutendsten Industriezweigs des Landes teilgenommen haben. Wie der Verband mitteilte, sind die Umfrageergebnisse Ausdruck einer großen Ungewissheit in den Unternehmen. Die Metall- und Elektroindustrie in Nordrhein-Westfalen befinde sich eindeutig in einer anhaltend schwierigen Wirtschaftslage. Die seit 2018 währende Rezession in den M+E-Branchen, die wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Pandemie sowie der transformationsbedingt enorme Veränderungsdruck setze die Unternehmen verstärkt unter Druck.

Der Präsident von METALL NRW, Arndt G. Kirchhoff, bezeichnete die Umfrage seines Verbandes als „besorgniserregend“. Auch wenn das dritte Quartal des Jahres die dramatischen Auswirkungen des wirtschaftlichen Einbruchs zu Jahresbeginn etwas gelindert habe, weise die Jahresbilanz der Geschäfte ein dickes Minus aus. Zudem sei auch der Ausblick auf die kommenden Monate eher verhalten und die M+E-Industrie insgesamt von einer Normalisierung der Lage noch weit entfernt. Viele Betriebe hätten im Jahr 2020 mit gravierenden Liquiditätsengpässen zu kämpfen gehabt, zudem habe der massive Verzehr von Eigenkapital durch fehlende Umsätze unternehmerische Substanz gekostet. „Nur der enorme Kapitaleinsatz der Betriebe im Verbund mit der Ausweitung der Kurzarbeit hat dazu geführt, dass die Beschäftigung bisher weitgehend stabil gehalten werden konnte“, betonte Kirchhoff. Das sei eine großartige Leistung, die allerdings zulasten von Erträgen und Investitionen gegangen sei. Umso wichtiger sei es, dass die M+E-Branchen von zusätzlichen Lasten bei Arbeits- und Energiekosten verschont blieben und stattdessen auch entlastet würden. Völlig verfehlt sei die Debatte über eine Vermögensteuer, die zur Unzeit geführt und die Investitionsbereitschaft der Unternehmen zusätzlich gefährden würde. Kirchhoff forderte die Politik auf, dringend notwendige Zukunftsinvestitionen in Digitalisierung und in eine sichere und bezahlbare Energieversorgung nicht aus den Augen zu verlieren. „Deutschland darf seine Wettbewerbsfähigkeit nicht aufs Spiel setzen“, sagte Kirchhoff. 

Mit Blick auf die laufende Tarifrunde in der Metall- und Elektroindustrie warnte der NRW-Metallarbeitgeberpräsident die IG Metall, bei den Beschäftigten falsche Erwartungen zu wecken. Auch wenn die Gewerkschaft Beschäftigungssicherung in den Vordergrund ihrer Tarifpolitik stelle, würde eine auch nur annähernde Umsetzung des Forderungsvolumens von vier Prozent viele Arbeitsplätze kosten. Überdies würde die Stimmung in jenen Unternehmen, die für 2021 doch eine verbesserte Auftragslage erwarteten, einen erheblichen Dämpfer erleiden. Der IG Metall müsse bewusst sein, dass der arbeitsplatzschonende, finanzielle Kraftakt des Jahres 2020 für viele Unternehmen nicht unbegrenzt durchzuhalten sei. „Wir müssen in der Tarifrunde 2021 alles vermeiden, was die Arbeitskosten erhöht“, erklärte Kirchhoff.

Die Ergebnisse der METALL-NRW-Umfrage im Einzelnen:

Geschäftslage: Die aktuelle Wirtschaftslage bewertet die nordrhein-westfälische M+E-Industrie so schlecht wie seit zehn Jahren nicht mehr: Mehr als ein Drittel der befragten Unternehmen (35 Prozent) bezeichnet ihre gegenwärtige Geschäftslage als „schlecht“ (2019/20: 33 Prozent). Etwas mehr als ein Fünftel ist mit der aktuellen Lage „zufrieden“ (23 Prozent), im Vorjahr war die Zahl der positiven Meldungen nur unwesentlich kleiner (2019/20: 21 Prozent).

Geschäftserwartungen: Auch wenn die Geschäftsperspektiven für die nächsten sechs Monate etwas freundlicher aussehen, ist die M+E-Industrie von einer Trendwende weit entfernt. Dafür sind Lage und Erwartungen zu nah beieinander. Fast ein Fünftel (18 Prozent) erwartet rückläufige Geschäfte (2019/20: 31 Prozent), 19 Prozent erwarten eine Besserung (2019/20: 9 Prozent).

Auftragslage: Im Jahr 2020 hat sich die Auftragslage insgesamt auf niedrigem Niveau stabilisiert.

  • Die Ordertätigkeit aus dem Inland bezeichnen 33 Prozent der Betriebe als „schlecht“ (2019/20: 37 Prozent), demgegenüber nur 25 Prozent als „gut“ (2019/20: 18 Prozent).
  • Die Nachfrage aus dem Ausland bewerten 37 Prozent der Betriebe als „schlecht“ (2019/20: 38 Prozent), dagegen nur 22 Prozent als „gut“ (2019/20: 20 Prozent).

Auftragserwartungen: Für das erste Halbjahr 2021 hoffen die M+E-Unternehmen auf eine per Saldo verbesserte Ordertätigkeit.

  • Bei den Inlandsaufträgen erwarten 18 Prozent eine Verschlechterung (2019/20: 30 Prozent). An eine Verbesserung glauben derzeit 20 Prozent (2019/20: 9 Prozent).
  • Bei den Auslandsorders rechnen 11 Prozent in den kommenden sechs Monaten mit einer Verschlechterung (2019/20: 27 Prozent). Eine Verbesserung erwarten 27 Prozent (2019/20: 11 Prozent).

Ertragslage: Nach der aktuellen Ertragslage gefragt, haben sich die Einschätzungen der Betriebe noch einmal weiter verschlechtert. Während die Zahl der Betriebe, die ihre Erträge als „gut“ bezeichnen, auf 17 Prozent leicht gewachsen ist (2019/20: 14 Prozent), hat sich die Zahl der Unternehmen, die ihre Ertragslage als „schlecht“ bewerten, auf 47 Prozent deutlich erhöht (2019/20: 37 Prozent).

Ertragserwartungen: Der Blick auf die Erträge der nächsten sechs Monate ist in der nordrhein-westfälischen M+E-Industrie etwas optimistischer. Mit einer rückläufigen Ertragsentwicklung rechnen 20 Prozent (2019/20: 29 Prozent), mit einer Verbesserung immerhin 20 Prozent (2019/20: 12 Prozent).

Investitionen: Bei den Investitionsplänen der Unternehmen zeichnet sich für das kommende Jahr weiterhin eine deutliche Zurückhaltung ab.

  • Im Inland wollen nur 18 Prozent der Betriebe ihre Investitionen ausweiten, im Vorjahr waren es noch 14 Prozent. Dagegen wollen 31 Prozent der Firmen ihre Investitionen zurückfahren (2019/20: 32 Prozent).
  • Im Ausland planen nur 12 Prozent mit zunehmenden Investitionen (2019/20: 10 Prozent), demgegenüber beabsichtigen 24 Prozent (2019/20: 26 Prozent), ihre Investitionen zu drosseln.

Beschäftigung: Das zunehmend angespannte Geschäftsklima wirkt sich inzwischen auch erkennbar auf die Beschäftigung aus.

  • Neueinstellungen: Während in den vergangenen sechs Monaten 14 Prozent der Betriebe Neueinstellungen meldeten, planen dies für das nächste Halbjahr 15 Prozent. Vor einem Jahr lagen die Vergleichswerte noch bei 23 Prozent (2. Halbjahr 2019) und 11 Prozent (1. Halbjahr 2020).
  • Beschäftigungsabbau: In den vergangenen sechs Monaten haben 19 Prozent der Unternehmen Beschäftigung abgebaut, für die nächsten sechs Monate planen 16 Prozent mit einer rückläufigen Beschäftigung. Vor Jahresfrist lagen die Vergleichswerte bei 23 Prozent (2. Halbjahr 2019) und 27 Prozent (1. Halbjahr 2020).
  • Kurzarbeit: Der Anteil der Unternehmen mit Kurzarbeit hat dramatisch zugenommen und lag in den vergangenen sechs Monaten bei 60 Prozent, auch für die nächsten sechs Monate planen 42 Prozent mit Kurzarbeit. Vor einem Jahr meldeten lediglich 14 Prozent der Betriebe (2. Halbjahr 2019) sowie 19 Prozent (1. Halbjahr 2020) Kurzarbeit.

Ausbildung: Als stabil erweist sich erfreulicherweise die Ausbildungssituation in der nordrhein-westfälischen Metall- und Elektroindustrie. Nach wie vor wollen fast drei Viertel der Betriebe (74 Prozent) ihr hohes Engagement unverändert beibehalten (2019/20: 71 Prozent). Demgegenüber planen 7 Prozent der Betriebe eine Ausweitung ihrer Ausbildungsaktivitäten (2019/20: 9 Prozent). Ein Fünftel der Betriebe (20 Prozent) melden hingegen wie bereits im Vorjahr einen Rückgang von Ausbildungsplätzen.

 

 

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